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ThemaWie Eisenbahnvereine von Politikern 'unterstützt' werden.2 Beiträge
AutorAndr8eas8 H.8, Amerika / 298734
Datum29.01.2008 08:07      MSG-Nr: [ 298734 ]4470 x gelesen

Hallo in die Runde,

anbei ist der Auszug eines Briefes in Sachen OSE und Strecke Löbau - Großpostwitz. Hier wird seitens der Politik unverantwortlich gehandelt. Es kann nicht sein, das Volksvermögen verschwendet wird nur um fragwürdige Aktionen durchzuführen.
Ich bitte Euch den Verein zu unterstützen, sei es durch Spende oder durch Protestschreiben.

Sehr geehrter Herr Martolock,

Für Ihren Brief, den Sie gleich am dritten Arbeitstag nach Ihrem Urlaub schrieben, danke ich Ihnen sehr.
Mich freute Ihre Aussage sehr, daß die Ostsächsischen Eisenbahnfreunde e.V. (OSE) diese Strecke vom Bahnhof Löbau bis zur B 178 direkt erwerben können und zwar nicht zurückgebaut. Dafür danke ich allen beteiligten Politikern. Inzwischen erfuhr ich, daß die OSE keine Fördermittel bekommen, sich aus eigener Kraft nur das Gleis bis zur Brücke Lauchaer Weg leisten können und dafür das 1,5fache des Schrottpreises zahlen müssen.
Mir ist bekannt, daß Sie im Jahr 1998 den Deutschen Schienenverkehrspreis vom Deutschen Bahnkundenverband (DBV) erhielten, weil Sie als damaliger Bürgermeister der Gemeinde Weigsdorf-Köblitz energisch gegen die Stillegung dieser Strecke kämpften und daß Sie heut Bürgermeister der Großgemeinde Cunewalde sind.
Deswegen sind ich und viele andere sehr bestürzt darüber, daß Sie sich verwandelt und gegen die Bahn gewendet haben. Wir haben Sie auch im Juli 2004 in der Versammlung in Großpostwitz zur Einstellung des Reiseverkehrs zwischen Bautzen und Neustadt (Sachs) gehört. Jetzt wollen Sie die Cunewalder Bahn für einen Radweg opfern, nur damit Sie und die anderen Gemeinden den Straßenausbau der S115 gefördert bekommen.
Durch eine Bahndammwanderung im Mai 2007 kenne ich den Zustand der Strecke Großpostwitz - Löbau. Vom durchgehenden Hauptgleis fehlen: 2 Weichen in Großdehsa-Oelsa, die B178-Brücke vor Löbau am km 17,56 und einige durch Schienendiebe verursachte Schienenschnitte und gelöste Schrauben am km 16,842 bis 16,851 und 16,907 zwischen Anschlußstelle Großdehsa-Oelsa/Minol und der B178-Brücke. Reparaturbedürftig ist der Abschnitt am Hoppeberg, wo wegen morscher Schwellen Spurhalter die Schienen zusammenhalten und die Höchstgeschwindigkeit 0 km/h beträgt. Die Kreuzungs- und Nebengleise kann man später ergänzen.
Bezüglich des Sanierungsaufwandes ist zu prüfen, was die OSE und andere Eisenbahnliebhaber und Helfer in Eigenleistung erbringen können. Dazu bitte ich Sie um das von Ihnen genannte und von Ihnen beauftragte Gutachten. Keinesfalls werden das die Kommunen allein betzahlen müssen Ich wurde bereits mehrfach von den OSE angesprochen, eine Lösung für das Verkehrshindernis am km 17,56 zu projektieren. Dies werde ich ehrenamtlich tun. Da die OSE schon ganz andere Sachen gemeistert haben, bin ich optimistisch, daß ihnen auch das gelingen wird. Als Beispiel nenne ich den Erhalt und Erwerb des Lokschuppens samt Gelände, von 6 Lokomotiven, 5 Reisezugwagen, Leichtverbrennungstriebwagen ?Ferkeltaxi? mit Trieb- und Steuerwagen sowie betriebsfähige Aufarbeitung bzw. Modernisierung von 7 Triebfahrzeugen und 7 Reisezugwagen seit 1998. Dazu kommen die laufende Instandhaltung der bereits betriebsfähigen Eisenbahnfahrzeuge einschließlich Hauptuntersuchungen, die Organisation und die Durchführung der sehr beliebten Sonderfahrten und Maschinenhaustage sowie das Verfassen und der Selbstverlag von mindestens 6 Büchern. Sicher werden die OSE auch in der Lage sein, mit der Zeit ihren finanziellen Beitrag und ihre Arbeitskraft für die Cunewalder Museumsbahn zu bringen. Aber die Ausschreibung zum Verkauf dieser Strecke war sehr kurzfristig. Weil der Verein mehrere finanzielle Kraftakte (z.B. Kauf des Speisewagens und des Lokschuppens mit Gelände, Kauf und betriebsfähige Aufarbeitung von Diesellok, Ferkeltaxe mit Trieb- und Steuerwagen, Hauptuntersuchung für 4 Reisezugwagen) hinter sich hat, muß er erst mal wieder kräftig sparen. In den Jahren 2009 und 2010 ist dazu Gelegenheit, weil dannn keine Fahrzeuge zur Hauptuntersuchung müssen. Leider kommen die Verkaufsausschreibungen sehr kurzfristig und immer dann, wenn der Verein gerade kein Geld hat. Wenn der Verein Geld hat, zögert die Bahn mit Verkäufen. Das ist das Problem.
Die Dampfbahn Furka Bergstrecke, die Prignitzer Schmalsurbahn ?Pollo? sowie die sächsischen Schmalspurbahnen Jöhstadt ? Steinbach und Schönheide ? Stützengrün sind Beweise dafür, daß der Wiederaufbau durch ehrenamtliche Freizeiteisenbahner zum Ziel führt. Durch Schienenverschrottung muß man aber nicht die Inbetriebnahme einer Museumsbahn erschweren. Ich muß natürlich zugeben, daß eine Museumsbahn nicht mit links erreichbar ist. Aber wenn gewissenlose Politiker und habgierige Schrottfirmen dagegen arbeiten und den Gleisen den Todesstoß versetzen, wird es nicht leichter. Merkwürdig, daß der Staat gegenüber der Eisenbahn immer knausrig ist oder wenn die Straße auf die Eisenbahn Rücksicht nehmen soll. Dagegen wirft er das Geld für Straßen und Autobahnen mit vollen Händen raus.
Der vom Leiter des Straßenbauamtes Bautzen, Käthe-Kollwitz-Straße 17, Herr Schulze, Tel. 03591/684-100, Fax-125 gab mir gegenüber zu, daß die Bahnstrecke nur deshalb zum Radweg umgewandelt werden soll, weil man sonst keine Fördermitel für den Ausbau der Staatsstraße S115 bekommt und an ein paar Stellen direkt an der Straße kein Platz für einen Radweg ist. Aussage vom ihm: ?Nur wenn die Gemeinden die Bahntrasse kaufen und dem Straßenbauamt überlassen, wird der Radweg gebaut, sonst nicht. Neben der Bahntrasse baut das Straßenbauamt Bautzen keinen Radweg, weil man dafür Privatgelände erwerben muß.? Aber größtenteils ist genug Platz für die parallele Führung von Bahngleis und Radweg. Das weiß ich von Fahrten und Wanderungen auf dieser Strecke. Straßenbegleitende Radwege haben auch nicht immer die laut Planungsrichtlinie geforderten Mindestmaße. Aber wenn man einer Eisenbahnstrecke den Garaus machen kann, hält man sich streng daran. Ein Radweg neben dem Gleis wäre ein großer Anziehungspunkt für Eisenbahnfäns. Wenn das Straßenbauamt Bautzen stur bleibt und den Radweg nicht neben dem Gleis bauen will, machen es eben andere. Den Ostsächsischen Eisenbahnfreunden traue ich das auch zu. Die haben schon ganz andere Dinge geschafft.
Der Radweg würde auf der Bahntrasse die Ziele in den Gemeinen nicht berühren. Er hilft nicht denen, die zum Bäcker, zum Konsum, zum Frisör oder ein anderes Ziel an der Hauptstraße erreichen wollen. Wegen einem Radweg kommen keine Touristen aus der Ferne nach Cunewalde. Radwege auf stillgelegten Bahntrassen gibt es schon sehr viele. Aber Großpostwitz ? Cunewalde ? Löbau wäre die zweite normalspurige Museumsbahn in Ostdeutschland und die einzige in Sachsen. Sie wird ein bedeutender Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt. Museumsbahn, Landschaft und Gebäude an der Bahn (Bahngebäude, Zivilgebäude, Kirche) bilden eine erhaltenswerte Gesamtheit und ein lohnenswertes Touristenziel.
Vorteilhaft ist auch die Nähe zur Zittauer, Radebeul-Moritzburg-Radeburger und zur Freital-Kipsdorfer Schmalspurbahn. Da lohnt sich ein längerer Urlaub für weithergereiste. Diese Strecken würden sich keinesfalls konkurrieren, sondern gegenseitig ergänzen. Im Erzgebirge funktioniert das auch. Dort gibt es das Schmalspurmuseum Oberrittersgrün, die von gemeinnützigen Freizeitvereinen betriebenen schmalspurigen Museumseisenbahnen Jöhstadt ? Steinbach und Schönheide ? Stützengrün mit Außenstellen in Carlsfeld und Kirchberg, die Fichtelbergbahn, den Verein Sächsische Eisenbahnfreunde mit Museumsbahnbetriebswerk Schwarzenberg, das Sächsische Eisenbahnmuseum Chemnitz-Hilbersdorf e.V., die Augustusburger Standseilbahn, die Museumsbahnhöfe Walthersdorf (Erzgeb.) und Schlettau. Alle können gemeinsam bestehen und sind Anziehungspunkte für Touristen aus aller Welt.
Warum will man die Entstehung eines touristischen Anziehungspunktes in der Oberlausitz verhindern? Brauchen die hiesigen Herbergen keine Gäste? Oder wollen Sie, Herr Martolock, denen eins auswischen?
In der Broschüre ?Integrierte Ländliche Entwicklung? des Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft wird die LEADER-Region Zenztrale Oberlausitz vorgestellt u.a. mit:
?Da ist Dampf dahinter ? Erlebnis Eisenbahn
Das ehemals sehr dichte, teilweise erhaltene Eisenbahnnetz stellt eine regionale Besonderheit dar. Das Leitprojekt soll die Eisenbahn als Motor und identitätsstiftender Bestandteil der Entwicklung der Region erlebbar machen. Eine Vielzahl von Einzelprojekten, vor allem mit touristischer Ausrichtung, setzt dieses Ziel um.?
Ist mit Dampf der Schweiß der Radfahrer gemeint? Rad- und Wanderwege auf Bahntrassen hat man in näherer Umgebung 3: Löbau ? Weißenberg, Herrnhut ? Bernstadt, Taubenheim ? Dürrhennersdorf. Die Chance einer normalspurigen Museumsbahn vertut man sich. Die nahe Zukunft wird zeigen, was hinter den Lippenbekenntnissen ?unserer? Politiker steht.
Der Streckenabschnitt Großpostwitz - Obercunewalde ist in Ostsachsen die einzige erhaltene Strecke einer Vielzahl in den 90er Jahren des 19. Jh. nach der ?Bahnordnung für Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung? (Sekundärbahngesetz) gebauter Nebenbahnen der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen. Sie ist die erste nach dem sächsischen Sekundärbahngesetz errichtete Nebenbahn der Königlich Sächsischen Staatseisenbahn im Regierungsbezirk Dresden. [2] Die vorher eröffnete Nebenbahn Lommatzsch ? Nossen wurde nicht von der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen eröffnet, sondern von der Leipzig-Dresdener Eisenbahn-Compagnie.
Die nächste nach dem am 01.07.1878 in Kraft getretenen Sekundärbahngesetz gebaute und noch erhaltene Strecke ist die Strecke Dresden-Klotzsche ? Königsbrück, von der der Teil Königsbrück ? Schwepnitz (- Straßgräbchen-Bernsdorf) auch schon abgebaut ist. Außerdem ist die Königsbrücker Strecke eine umgespurte ehemalige Schmalspurbahn.
Zu beachten ist dabei, daß viele heutige Nebenbahnen ursprünglich nicht nach dem Sekundärbahngesetz, sondern als Hauptbahnen gebaut und trassiert wurden: Neumark - Greiz, Chemnitz ? Aue ? Adorf, Buchholz ? Flöha, Pockau-Lengefeld ? Flöha, Bienenmühle ? Mulda ? Freiberg - Nossen, Zwickau ? Falkenstein ? Oelsnitz, Glauchau ? Rochlitz ? Großbothen, Arnsdorf ? Pirna, Bautzen ? Bad Schandau, Mittelherwigsdorf ? Varnsdorf ? Eibau, Ebersbach - Löbau. [1]
Der Streckenabschnitt Obercunewalde ? Löbau ist die drittletzte in Sachsen gebaute Nebenbahn, eröffnet am 07.10.1928. Als zweitletzte wurde die Strecke Zöschen ? Leipzig-Leutzsch gebaut, am 01.07.1931 eröffnet und im Jahr 1997 der Reiseverkehr eingestellt. Sie lag aber nie im Bereich der Rbd Dresden bzw. der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen, weil die in Sachsen liegenden Strecken von Leipzig nach Gera, Weißenfels, Halle, Bitterfeld und Eilenburg von der Preußischen Staatsbahn betrieben wurden. Die allerletzte in Sachsen gebaute Nebenbahn ist die Strecke Schwepnitz ? Straßgräbchen-Bernsdorf, eröffnet am 17.12.1934, die auch schon seit einigen Jahren abgebaut ist. [2]

Weitere Informationen sind nachlesbar in den Quellen:
?Die Bahn im Cunewalder Tal - Eine Oberlausitzer Eisenbahn- und Heimat-Geschichte zwischen Großpostwitz und Löbau? Herausgeber: Ostsächsische Eisenbahnfreunde, Verfasser: Hans von Polenz, Löbau 1999.
?Löbauer Lokomotivgeschichten Ältestes erhaltenes sächsisches Maschinenhaus, Bahnbetriebswerk, Lokeinsatzstelle und denkmalgeschützter Lokschuppen? Herausgeber: Ostsächsische Eisenbahnfreunde e.V. Löbau (Sachsen), Verfasser: Hans von Polenz, Dr. Mandred Thiemann, Sven Lubensky, Albrecht Fabian, Löbau 2000.
www.Ostsaechsische-Eisenbahnfreunde.de, Internetseite der Ostsächsischen Eisenbahnfreunde e.V.

Fazit: Die Cunewalder Museumsbahn ist ein schweres, aber realistisches Ziel. Man darf keinesfalls vorzeitig aufgeben. Jetzt kommt es darauf an, die noch vorhandenen Gleise und anderen Anlagen zu erhalten. Kommt Zeit, kommt auch Geld für die nächsten Schritte.
Ich wünsche, daß Ihnen noch viele andere diese Meinung sagen.



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 29.01.2008 08:07 , Amerika
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