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ThemaNeuer Glacier Express9 Beiträge
AutorBeat8 H.8 S.8, Somerset West / 280608
Datum30.04.2006 00:31      MSG-Nr: [ 280608 ]5320 x gelesen

Was hat die kurze Zeit, in der ich in der Schweiz geweilt bin, alles hervorgebracht! Ein schönes Ereignis (und deshalb hervorzuheben) war sicher der Tag der offenen Tür der Rhätischen Bahn RhB in Landquart, am Samstag, 29. April 2006. Anlass der Veranstaltung war die Vorstellung der neuen Panoramazüge für das Produkt ?Glacier Express?. Heute muss auch noch ein ?R? zugestellt werden, so wichtig ist dies!

Was bieten nun die neuen PanoGEX? Grundsätzlich beinhaltet die neue Definition der Marke ?Glacier Express? einen Sechswagenzug. Dieser wird gebildet aus drei Bp (= Zweiteklassewagen, Panorama), einem Api (=Ersteklassewagen mit behindertengerechten Toilette und Stellplätzen für Rollstühle, Panorama), einem Ap (=Ersteklassewagen, Panorama) und einem WR (Waggon Restaurant). Ap, Api und Bp sind mit weiten Sitzabständen mit grosser Beinfreiheit konzipiert. Zu jeder Sitzgruppe gehört auch ein Tisch, der zum Einnehmen der Speisen ausgeklappt, sprich verbreitert werden kann. Der Restaurantwagen ist eigentlich kein solcher denn, er besteht zu drei Fünfteln aus Küche, der Rest aus einer schmucklosen Stehbar im Stile von Mcsowieso. Ganz verschämt hat irgendwo neben dem Besenkasten noch eine Vierersitzgruppe Platz gefunden, igitigit? Dieser Wagen hat natürlich seine zentrale Funktion zur Speisebereitung, sollen doch alle Passagiere bequem an ihrem Sitzplatz bedient werden und da auch ihre Malzeiten einnehmen. Bequemer geht?s nimmer, ob in erster oder zweiter Klasse.

Die Wagen sehen auf den ersten Blick der Form nach den bisher im Einsatz stehenden ?Pininfarinas? sehr ähnlich, dann hat?s sich aber schon. Neu konstruierte, mit sekundärer Luftfederung ausgerüstete Drehgestelle bieten einen noch nie erreichten Rollkomfort. Davon habe ich mich auf einer Schnupperfahrt mit eigens dazu gedruckter Fahrkarte persönlich überzeugen lassen. Ein maximal ausgelegter Wagenkasten, 268 cm breit, 17,7 Meter lang und ab Schienenoberkante ganze 3695 Millimeter Höhe, bietet wirklich grosszügigen Freiraum. Das Erscheinungsbild ist aber total neu, dominierend das Schweizerkreuz, das über die Wagenenden gezogen ist. Grundfarbe Signalrot und als Unterschied zum weissen Kreuz, eine sehr sanfte Abtönung in sehr sanftem hellblaugrünem Pastell, wird zum Hingucker, mahnt fast an Gletschereis.

Erbauer der Wagen ist STADLER in Bussnang, einige Komponenten, insbesondere der Einbau der Küchen, wird in Landquart in den RhB-eigenen Werkstätten erledigt. Besteller sind zu gleichen Teilen die MGB (Matterhorn-Gotthard Bahn) und die RhB. Vier Züge wurden geordert, also 24 Wagen zu je so knappe zwei Millionen Schweizerfranken.

Natürlich sind die Wagen durchgehend klimatisiert. Ginge gar nicht anders, da die eingeklebten Fensterscheiben sich nicht öffnen lassen und die angestaute Hitze durch Sonneneinstrahlung auf die immens grossen Fensterflächen, nach einer Kühlung schreien! Schaut man sich die Wagen von oben an, Blick aufs Dach natürlich, so fällt auf, dass an den Wagenenden eben dieses fehlt? Freier Blick auf die Klimaanlage sozusagen. Dem kritischen Betrachter stellen sich da Fragen nach dem Sinn, wenn bei Schneefall etwa, sich da das klebrignasse Weiss ballt und zu Eis wird und alles verstopft..? Sagte da nicht jemand, so leicht dahingeworfen: ?Wir fahren ja sowieso mehr durch Tunnels als auf offener Strecke??. Dann die seitlichen Abdeckschürzen ohne Perforation oder gar Düsenöffnungen. Eine Bedingung der Verantwortlichen der MGB, die so was partout nicht wollten. Dadurch auch laute Ansauggeräusche der zu klimatisierenden Luft. Starke Gebläse, die heulen. Alles im Griff, laut Hersteller. Aber die Besteller erteilen den Konstrukteuren Aufgaben, die ebenso nicht gelöst werden können. Man schaut dem Sommer gelassen entgegen, da spielt der Winter keine Rolle. Ist dieser erst mal da, dann schaut man halt weiter, die Werkstätten müssen doch auch noch Arbeit haben.

Interne Stimmen sind erleichtert, dass die Wagen nun sukzessive die Abnahme durchlaufen und auf die Geleise kommen. Viele kleine Details mussten zwischen den Bahngesellschaften geregelt, diskutiert und beschlossen werden. ?Es wurde sozusagen um jede Schraube gefeilscht?, kam mir beispielsweise zu Ohren. ?Ich denke, heute würden wir uns nicht mehr zugunsten einer gemeinsamen Beschaffung entschliessen?, war eine andere Aussage an einer Stelle, wo man es wissen muss.

Doch insgesamt sind die Wagen, die einheitlichen Züge ein Hit. Bequeme, fein durchgestaltete Sitze, Durchsagen zur durchfahrenen Gegend, hinweise m Wegesrand in sechs Sprachen abrufbar (mit Kopfhörer abhörbar), grosse Speisetische mit zuschaltbarer Spotbeleuchtung, helles, modernes Ambiente sind alles Komponenten, die die Reise im ?Glacier Express (mit ?R?) nicht nur zum visuellen Erlebnis machen.

Neben diesem neuen Reisefeeling für Touristen denkt man bei der RhB auch an die Zukunft etwa der Nahverkehrsfahrzeuge. ?Unsere Loks werden immer älter und älter und wir haben zu lange nicht daran gedacht, hier Gegensteuer zu geben, sprich an Neuanschaffungen zu denken?, meint Planer U. Burger. Auf seinem CAD-System entstehen die tollsten Zeichnungen von möglichen Zugskompositionen. Auch auf der Berninastrecke soll sich etwas bewegen. Als erste Reaktion der erzeugten Planungsresultate will die RhB im Januar 2007 eine erste Tranche von 15 Zweisystem-Gelenktriebwagen (Gleichstrom für Bernina und Wechselstrom für die Stammstrecke, ähnlich der ?Täscher-Trams? der MGB) bestellen. Wagenkompositionen in allen möglichen und unmöglichen Anordnungen werden untersucht, optimiert, evaluiert. Wer kennt nicht die ?Jumbos? für den S-Bahnbetrieb der BLS, die Aufliegerkompositionen der Wengernalp Bahn? In diese Richtung wird geforscht, wird optimiert, was die RhB in einigen Jahren auf die Schienen stellen wird. Die ?Strategie 2012? ist in voller Fahrt. Interessante Jahre für die RhB-Verantwortlichen stehen bevor!

Ich habe zum Schluss noch Walter Camenisch zu danken, für die kompetente Führung durch die Geheimnisse der neuesten Drehgestelltechnologie. Denn als gelernter Waggonbauer interessiert mich auch dies!

Gruss

Battli


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